An einem friedlichen Samstag, als bei uns zu Hause das übliche Chaos herrschte, trat ich mal wieder völlig unvorbereitet mit nackten Füßen auf einen spitzen Legostein. Das böse Sch-Wort auf den Lippen, stieß ich nach jahrelangem Training nur ein dezentes „Scheibenkleister“ aus, unterdrückte den Schmerz und hockte mich, um endlich die verflixten bunten Steinchen ein für alle Mal in die dafür vorgesehene Plastikkiste zu werfen. Und da durchzuckte mich schon der nächste Schmerz in der Lendengegend gefolgt von einem lauten Kinderbrüllen: „Attacke! Riesenschlangen!“, hörte ich unseren Vierjährigen schreien, der mich gerade mit einem Wurfgeschoss aus einem Ü-Ei attackierte.
„Otto, herrgottnochmal, was soll das? Das tut weh!“, raunzte ich.
„Da ist eine Riesenschlange an deinem Rücken, ich muss sie bekämpfen!“
„Riesenschlange? Wo hast du denn den Quatsch wieder her?“ Mein Mann half in dieser absurden Situation, völlig emphatisch wie er nun mal so ist, weiter:
„Das ist keine Riesenschlange, Otto, das ist Mamas Hüftgold!“ Schallendes Lachen meines Mannes folgte, das große Kind stieg selbstverständlich lauthals mit ein, und die 1-jährige fing an zu brüllen – aus Solidarität zu mir, hoffte ich stark.
Spätestens jetzt war mir danach das Sch-Wort laut auszuschreien. Wie immer in einer solchen Situationen, fehlte es mir aber an Schlagfertigkeit, so dass ich nur ein „Also, ihr spinnt ja wohl, unverschämt, dann macht doch alles alleine…“, hervorbrachte und, natürlich nicht ohne laut aufschreiend auf einen weiteren Lego-Stein zu treten, das Weite suchte.

Ich widerstand dem immer wieder aufkeimenden Wunsch, mich in der Besenkammer einzusperren und setzte mich ganz pragmatisch vor den Computer mit dem Ziel, die perfekte Shapewear zu bestellen. Da war sie, die Seamless-Serie, das Ziel meiner Begierde, das Ende aller Riesenschlangen, der Weg zur jugendlichen Figur von „damals“. Zur Sicherheit orderte ich gleich alle drei Stärken:
1) Light: für den Alltag im Lego-Chaos, in dem ich viel Bewegungsfreiheit und dennoch ganz offensichtlich eine schlanke Taille und Hüfte brauche
2) Medium: für das Kaffeetrinken mit Freundinnen und anderen Muttis, die dann meine schlanke Silhouette bestaunen können, während meine beiden Kinder brav am Tisch ein Bild für die schöne Mama malen, ich bin frisch frisiert, manikürt und trage, Latte-Macchiato-schlürfend, eine blütenweiße Bluse
3) Power: für das Date mit meinem Mann, der mich ganz spontan in die Oper entführt, den Babysitter selbstverständlich schon organisiert hat, ich das sündhaft teure, atemberaubende, kleine Schwarze trage, fantastisch darin aussehe und im Anschluss an der Bar elegant an einem Cosmopolitan nippe
Realistischerweise werde ich zu 95% Variante 1 benötigen, 4,5% werde ich Shapewear in Situation 2 brauchen und 0,5 % (die Hoffnung stirbt zuletzt) gehen an die Überraschung meines Mannes.
Zum Glück aber liebt er mein Hüftgold auch ohne Shapewear…
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